30.09.2024
Mehr als die Hälfte der Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen hat den Eindruck, dass psychische Gewalt und Formen des Mobbings unter Schülerinnen und Schülern nach der Pandemie zugenommen haben. 44 Prozent sehen auch eine Zunahme von körperlicher Gewalt. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die die Deutsche Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) heute in Köln vorgestellt hat. Insbesondere psychische Gewalt wie Beleidigungen und Beschimpfungen sowie Mobbing sei demnach häufig zu beobachten. Neben den Umfragedaten veröffentlicht die DGUV, Spitzenverband der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen, ihre jährliche Statistik der gewaltbedingten Schülerunfälle für 2023. Deren Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr um rund 11.000 auf 64.897. Sie lag damit allerdings immer noch unter dem Wert vor der Pandemie (2019: 72.973). DGUV-Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Hussy appelliert vor diesem Hintergrund, in nachhaltige Maßnahmen zur Gewaltprävention zu investieren.
Schülerinnen und Schüler sind beim Schulbesuch und auf dem Schulweg gesetzlich unfallversichert. Dieser Versicherungsschutz erstreckt sich grundsätzlich auch auf gewaltbedingte Unfälle. Laut DGUV-Statistik lag die Unfallrate im vergangenen Jahr bei 7,5 gewaltbedingten Unfällen je 1.000 Versicherte. Diese Quote liegt deutlich über jenen der Pandemiejahre (2020: 4,6, 2021: 3,9, 2022: 6,4), aber immer noch unter der Unfallrate vor der Pandemie (2019: 8,8). Schwere Verletzungen als Folge gewaltbedingter Unfälle sind selten: Beispielsweise kam es in 5.200 Unfällen zu einer Fraktur. Eine Unfallrente wurde in 11 Fällen erstmals gezahlt.
"Der langjährige Trend rückläufiger Unfallzahlen durch Gewalt ist damit zwar ungebrochen", so Hussy. "Das darf jedoch kein Anlass sein zu glauben, alles wäre in Ordnung, und die Hände in den Schoß zu legen." Denn die Unfallstatistik zeige kein vollständiges Bild des Gewaltgeschehens an Schulen. "Insbesondere psychische Gewalt und ihre Folgen tauchen darin nicht auf. Um ein Gesamtbild der Lage an allgemeinbildenden Schulen nach der Pandemie zu erhalten, haben wir daher diejenigen gefragt, die für die Sicherheit und Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Schulen besondere Verantwortung tragen: Lehrerinnen und Lehrer", so Hussy. "Die Ergebnisse unseres DGUV Barometers zeigen, dass wir mit Blick auf eine gewaltfreie Schule noch ein gutes Stück Weg vor uns haben."
Im Auftrag der DGUV hat das Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa im August 2024 1.031 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen zu Gewalt unter Schülerinnen und Schülern sowie zu Präventionsmaßnahmen und -bedarfen befragt. Die wichtigsten Erkenntnisse der als "DGUV Barometer Bildungswelt" veröffentlichten repräsentativen Umfrage sind:
Die Umfrage umfasste auch Fragen zur Gewaltprävention:
"Schulen tun bereits viel, um Gewalt zu begegnen", sagt die Leiterin des Fachbereichs Bildungseinrichtungen der DGUV, Annette Michler-Hanneken von der Unfallkasse Nordrhein-Westfalen. "Die Antworten zeigen aber auch, dass ein Teil der Lehrkräfte noch Verbesserungsmöglichkeiten sieht." Hierfür stelle die gesetzliche Unfallversicherung Präventionsangebote wie das Programm ‚MindMatters‘ zur Verfügung, das bereits von vielen Schulen in Deutschland erfolgreich angewendet werde.
Mit der Kampagne #GewaltAngehen werben Unfallkassen und Berufsgenossenschaften zudem dafür, dass Prävention von Gewalt möglich und wichtig ist. "Damit Schule gut ist, muss sie gesund sein", so Präventionsexpertin Michler-Hanneken. "Und eine gesunde Schule ist eine Schule, die sich Gewalt entgegenstellt."
Zuständige Unfallversicherungsträger für die Schülerunfallversicherung sind die regionalen Unfallkassen. Ihnen werden Unfälle beim Schulbesuch und auf dem Schulweg gemeldet, wenn sie zu einer ärztlichen Behandlung geführt haben. Der Anteil der gewaltbedingten Unfälle an allen Schülerunfällen wird anhand einer 3-Prozent-Stichprobe ermittelt, auf deren Grundlage die Statistik der DGUV die entsprechenden Werte hochrechnet.
Für die Umfrage befragte forsa 1.031 Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland. Die Umfrage lief vom 2. August bis 27. August als Online-Befragung. Die Teilnehmenden wurden mit Hilfe einer Zufallsstichprobe ausgewählt. Die Ergebnisse sind mit einer Fehlertoleranz von +/- 3 Prozentpunkten auf die Gesamtheit aller Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen in Deutschland übertragbar.
DGUV - Pressestelle
Glinkastraße 40
10117 Berlin
Tel.: +49 30 13001-1414
Mobil: +49 174 1795682
presse@dguv.de
Britta Ibald (Pressesprecherin)
Stefan Boltz (Pressesprecher)
Elke Biesel (Stv. Pressesprecherin)
Sie wollen regelmäßig Pressemitteilungen der DGUV erhalten? Dann können Sie sie hier abonnieren.